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Serie Multimedia-Tutorial RGMP (15): Üben und auf dem Laufenden bleiben

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Im Februar 2009 startete die amerikanische Journalismus-Professorin Mindy McAdams ihre 15teilige Serie  “Reporter’s Guide to Multimedia Proficiency”. Dies ist die letzte von mir übersetzte Folge. Sie heißt im Original Maintain and update your skills und erschien im August 2009. In der vierzehnten Folge ging es darum, wie man ein Video in einen Blogbeitrag einbetten kann. (Wie man Webvideos aufnimmt und bearbeitet, wurde in Folge 12 und Folge 13 erklärt.) In dieser Folge geht es darum, wie Mindy McAdams (nachfolgend wie immer “ich” genannt, es sei denn, es ist etwas anderes vermerkt) ihre Multimediafähigkeiten trainiert und sich neue Fähigkeiten aneignet.

Viele Journalisten, denen ich in Multimedia-Trainingskursen begegne, glauben, dass ich spezielle Computer-Kenntnisse habe. Das ist nicht richtig. Wie Joe Weiss (der umgängliche Erfinder der Software Soundslides) und viele andere Journalisten, die als Multimediaexperten gelten, habe ich mir alles selbst beigebracht. Und ich bin wirklich kein Überflieger. Ich habe Mathe in der Schule gehasst, Naturwissenschaften mochte ich auch nicht. Ich habe eigentlich gar keine Expertise in irgendetwas – außer schreiben und redigieren.

Überwinden Sie Ihre Angst

Der erste Schritt ist, glaube ich, mit der unsinnigen Einstellung “Ich verstehe nichts von Computern” oder “Ich stehe auf dem Kriegsfuß mit Computern” aufzuhören. Mit dieser Einstellung machen Sie sich selbst das Leben schwer – und verbauen sich Ihre Zukunft im Journalismus.

Der zweite Schritt ist, alle anderen fixen Vorstellungen und Starrköpfigkeiten aufzugeben. Technologie ist ständig im Fluss und in Veränderung. Neue Technologien zu erlernen und zu benutzen ist ein immerwährender Prozess. Wenn Sie das akzeptieren und mit dieser Idee Ihren Frieden schließen, wird es viel einfacher. Es WIRD eine neue Version von jeder Software geben, mit der Sie je gelernt haben zu arbeiten. Sie WIRD anders sein. Sie WERDEN Zeit damit verbringen müssen, die neuen Funktionen zu lernen. Ebenso WERDEN Sie sich mit den Funktionen jedes neuen Aufnahmegeräts und jeder neuen Kamera, die sie zu Terminen mitnehmen, beschäftigen müssen.

Sie können diese Schritte nicht im Schnelldurchgang erledigen. Wenn Sie Neues in Eile lernen wollen, führt das nur zu Frust und Fehlern.

Entspannen Sie sich. Akzeptieren Sie, dass alles – lernen und besser werden – seine Zeit braucht, die Sie investieren müssen. Es gibt keine Abkürzungen.

Lernen Sie, Fehler zu machen

Übung macht den Meister. Üben Sie, was Sie gelernt haben. Probieren Sie alles aus. Der erste Versuch muss noch nicht journalistisch sein. Benutzen Sie Ihre Familienfotos, ihr Hobby, filmen Sie, was Ihnen Spaß macht. Versprechen Sie beim zweiten und dritten Versuch Ihrem Redakteur noch keinen brauchbaren Beitrag. Setzen Sie sich nicht mit einer Deadline unter Druck. Während Sie noch ausprobieren, lassen Sie sich Spielraum zum Scheitern.

Scheitern ist Ihr zweitbester Lehrmeister. Unsere Fehler konfrontieren uns mit Problemen, die wir lösen müssen. Sie schicken uns zurück zur Bedienungsanleitung, zurück zur Google-Suche, zurück zu unseren Mentoren. Finden Sie heraus, was schiefgelaufen ist, und der nächste Versuch wird besser werden. (Journalistenschüler hassen es, ihre eigenen Beiträge zu überarbeiten, aber die besten Journalisten wissen, dass die Kunst in der Überarbeitung liegt.)

Das Internet ist eine Fundgrube für kostenlose Ratschläge. Für jedes einzelne Tool und Software-Programm gibt es Diskussionsforen, wo Experten Fragen von Anfängern wie Ihnen beantworten. Je mehr Sie üben, Antworten zu suchen, desto geschickter werden Sie darin werden, die besten Antworten zu finden.

Die besten Tutorials finden

Zusätzlich zu Foren gibt es jede Menge freie Online-Anleitungen (Tuorials). Ein sehr effektiver Weg, gute und aktuelle Tutorials zu finden, ist über Delicious tags. Die Nutzer setzen keine Lesezeichen für ein Tutorial, wenn es nicht nützlich ist, zum Beispiel : imovie+tutorial oder photoshop+layers+tutorial.

Bei einem Lehrgang für Journalismus-Dozenten habe ich mal gesagt, dass sie nicht unbedingt eigene Turorials für ihre Studenten zu schreiben brauchen. Wenn sie gute Tutorials im Netz finden, können sie ihre Studenten einfach auf die Links verweisen. Einer der Dozenten fragte, ob ich ihm ein gutes Photoshop Tutorial empfehlen könnte. Nun können Tutorials for Photoshop ziemlich speziell sein und ich wusste nicht, welche Kenntnisse er seinen Studenten beibringen wollte. Also habe ich ihm empfohlen, Google and Delicious zu benutzen, um die besten Tutorials für seine Zwecke zu finden. Er schien etwas verärgert, als ob ich ihn gebeten hätte, sich unnötig Arbeit zu machen.

Was ich jedoch vorschlug, ist wie jemandem beizubringen, wie man angelt, anstatt ihm einen Fisch zu essen zu geben. Sie werden unabhängiger und lernen mehr, wenn Sie die Zeit investieren, selbst im Netz geeignete Tutorials und Antworten auf Ihre eigenen Fragen zu finden.

Ihre ersten Versuche werden ziemlich frustrierend sein. Sie werden schlechte Tutorials finden, veraltete, mit Werbung überladene, Spamseiten und allen erdenklichen Müll. Aber mit etwas Übung werden Sie ziemlich gut darin werden, genau das zu finden, was Sie brauchen – und zwar schnell.

Wann Sie die Bedienungsanleitung ignorieren können und wann nicht

In den frühen 90er Jahren fragte mich eine meiner Kolleginnen aus der Schlussredaktion um Rat, als Sie Ihren ersten Heim-PC kaufen wollte. Als der Computer bei ihr ankam, informierte sie mich sehr aufgeregt in der Redaktion, aber sie hatte den Karton noch nicht geöffnet – das Paket war geliefert worden unmittelbar bevor sie aus dem Haus musste.

Nach dem Wochenende, wieder in der Redaktion, fragte ich sie, wie ihr ihr neuer Computer gefalle. Sie hatte ihn immer noch nicht aufgebaut!

Aus Angst davor, Fehler zu machen, wollte sie zunächst die gesamte Bedienungsanleitung lesen. Es dauerte zwei Wochen, bis sie endlich Zeit dafür hatte.

Nun sind Menschen verschieden und viele von Ihnen würden wahrscheinlich das Gegenteil tun – den Karton aufreißen, alles aufbauen und vielleicht sogar dabei etwas kapputtmachen. Aber egal welcher Typ Sie sind – “Ich brauch keine verdammte Bedienungsanleitung” oder das andere Extrem – es gibt Zeiten, in denen Sie es genau andersherum machen sollten.

Gegen Ihr Naturell zu gehen ist eines der wichtigsten Dinge, die Sie tun können, um Technologien zu meistern.

Fans von Bedienungsanleitungen: Sie können eine Menge Zeit sparen, wenn Sie die Klickflächen, Knöpfe, Regler und Pulldown-Menüs einfach ausprobieren. Springen Sie einfach mittenrein und benutzen Sie die Funktionen ohne Scheu. Wenden Sie niemals Gewalt an, dann wird in der Regel auch nichts schiefgehen! Wenn Sie nicht weiterkommen, schauen Sie in die Bedienungsanleitung. Lassen Sie sich Zeit. Lernen Sie, durch Versuch und Irrtum zu lernen.

Hasser von Bedienungsanleitungen: Sie können eine Menge Zeit sparen, wenn Sie die Bedienungsanleitung nutzen um herauszufinden, was möglich ist. Das ist besonders dann effektiv, wenn für Sie etwas wirklich neu und fremd ist. Gehen Sie direkt auf die Seiten mit den Bedienungs- oder Kontrollfunktionen, oder ggf. der Aufbauanleitung und verschaffen Sie sich einen Überblick. (Das ist vor allem hilfreich bei Audiorekordern, die so ziemlich kryptische und vielfältige Menüs für Funktionen und Einstellungen haben können.)

Vergessen Sie nicht, was Sie gelernt haben!

Wenn Sie eine neue Fähigkeit erst einmal beherrschen, ist es wie beim Fahrradfahren – Sie sind vielleicht ein bisschen unsicher, wenn Sie es eine Zeitlang nicht getan haben, aber Sie können es. Sie fallen nicht vom Rad.

Das gilt allerdings NICHT für Multimedia-Fähigkeiten, die Sie noch nicht richtig beherrschen. Eines der enttäuschendsten Dinge, die ich als Dozentin immer wieder höre, ist so etwas: ”Ich habe ihren Flash-Kurs belegt, aber als ich ein halbes Jahr später mit einem Flash-Projekt anfangen wollte, hatte ich wieder vergessen, wie man das macht.” In der Tat, sechs Monate Inaktivität können die Lernfortschritte von vier Monaten wieder zunichte machen.

Üben, üben, üben – auch wenn Sie keine Chance haben, die neue Fähigkeiten in Ihrem derzeitigen Job anzuwenden. Wenn Sie nicht üben, WERDEN Sie alles wieder vergessen. Üben Sie auf dem Laptop beim Fernsehgucken (Das ist eine meiner Hauptübungsformen). Nehmen Sie einen Familienausflug oder eine Reise zum Anlass, Fotos, Audio- und Videoaufnahmen zu machen. Und dann fügen Sie zuhause innerhalb einer Woche alles zusammen. Widmen Sie einen Teil Ihrer täglichen Nachrichten-Lesezeit um in Lesezeit, um sich in puncto technologische Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten.

Je weniger Zeit Sie bisher damit verbracht haben, Ihre neuen Werkzeuge und Fähigkeiten anzuwenden, desto wichtiger ist es, dass Sie jetzt Zeit einräumen zum Üben – häufig. Ein achtstündiger Marathon einmal im Monat wird Ihnen weniger bringen als wiederholte kurze Übungseinheiten, um vorhandene Fähigkeiten aufzufrischen und neue nacheinander dazu zu lernen.

Bleiben Sie auf dem Laufenden

In RGMP 1 habe ich zwei Websites verlinkt, die Sie jeden Tag scannen sollten, um in puncto Technologie und Multimedia-Journalismus stets auf dem Laufenden zu bleiben. Zusätzlich sollten Sie ungefähr einmal im Monat einen Blick auf diese Seiten werfen, um sich einen Einblick in die innovativen Möglichkeiten von Onlinejournalismus zu gönnen:

Betrügen Sie sich nicht selbst, indem Sie glauben, Sie  hätten schon alle Fähigkeiten, die Sie brauchen, um im Journalismus erfolgreich zu sein. Das wird niemals der Fall sein. Wenn Sie verstehen, was Ihre Nutzer nutzen und was andere Journalisten für verschiedene digitale Plattformen produzieren, werden Sie in der Lage sein, begründete Entscheidungen für Ihr eigenes Training und Ihre Weiterbildung zu treffen.

Weglassen, verkürzen und Prioritäten setzen

In grauer Vorzeit, ungefähr 1994, schien es für kurze Zeit so, als ob CD-ROMs eine großartige neue Plattform für journalistische Projekte wären. Das stellte sich als völlig falsche Annahme heraus, weil der kostenlose Netscape Beta Browser das World Wide Web ins Zeitalter der Massennutzung schoss. Aber während dieser Nanosekunde, als CD-ROMs das nächste große Ding zu werden versprachen, hatte ich mit einer Anwendung mit dem Namen “Director” geliebäugelt. Sie war teuer und erforderte viel Lernzeit. Davor schreckte ich zurück und schob die Entscheidung eine ganze Weile auf.

Dann wurde das Internet unwiderstehlich und ich brachte mir stattdessen bei HTML zu programmieren. Es wurden zwar einige interaktive Projekte mit Director erstellt, aber die Dateien waren ziemlich groß und brauchten ewig beim Herunterladen. Je beliebter das Internet wurde, desto mehr stellte sich heraus, dass große und langsame Anwendungen keinen großen Zuspruch finden und nur von wenigen genutzt würden. Director blieb nützlich für Info-Terminals (Kioske) und andere Projekte, die nicht heruntergeladen werden, aber es wurde klar, dass Webprogrammierer nicht mit Director arbeiten müssen.

Denken Sie an dieses Beispiel, wenn Sie erwägen, sich eine neue Fähigkeit anzueignen, und wenn Sie sich entscheiden müssen, was Sie zuerst lernen wollen. Wofür werden Sie das brauchen? Wie gut passt das zu den Fähigkeiten, die Sie schon haben? Und vor allem – ist das eine Fähigkeit, die lange relevant sein wird?

Ein Reporter, der ständig Interviews führt, sollte sicherlich lernen, wie man saubere, brauchbare Audioaufnahmen macht, aber ein Webproducer, der nie Interviews führt, wird das nicht unbedingt können müssen. Ein Grafik-Designer sollte wissen, wie man Flash einsetzt, um animierte Informationsgrafiken für das Web zu bauen, aber die meisten Reporter haben keinen Grund Flash lernen.

Legen Sie eine Liste an mit den Fähigkeiten, von denen Sie glauben, dass Sie sie erlernen sollten, aber überprüfen Sie von Zeit zu Zeit Ihre Liste. Bleiben Sie bei den drei obersten Posten auf dem Laufenden, aber laufen Sie nicht den jeweils neuesten Entwicklungen sofort hinterher. Der heiße Schrei von heute könnte die CD-ROM von morgen sein.

Gestehen Sie sich ein, dass Sie niemals alles können werden, was wünschenswert wäre, aber arbeiten Sie gleichzeitig daran, sich Schritt für Schritt neue Fähigkeiten beizubringen.

Und vernachlässigen Sie nicht, was Sie schon gelernt haben – Zeit, die Sie mit Üben verbringen, ist niemals verschwendete Zeit, es sei denn, Sie müssen alles wieder von vorne erlernen, was Sie schon einmal konnten. Also hüten Sie Ihren Erfahrungsschatz, indem Sie üben, und seien es auch nur kleine Übungen, damit Sie nichts verlernen.

P.S. In der nächsten Woche werde ich (Ulrike Langer) zum Abschluss der Serie ein kostenloses eBook zum Herunterladen (pdf) mit allen 15 Folgen bereitstellen.

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